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Vollständige Version anzeigen : Grundsätzliche Überlegung zum Gamedesign für zukünftige Aufbausimulationen


Realo
04.11.2005, 13:22
Wenn man ein komplexes, funktionierendes System wie eine Stadt schaffen will, muß man selbstständige Einheiten (Sims) programmieren, die verschiedene, wichtige Eigenschaften haben, die unter bestimmten Einflüssen auch variieren können. Aus diesen Eigenschaften resultieren bestimmte, selbständige (Re-)Aktionen.
Durch die Eigenschaften und daraus resultierenden Aktionen kombiniert mit einer Umgebung, die verschiedenen Vorgaben macht, entstehen unterschiedliche Situationen, die vom Spieler in verschiedener Hinsicht manipuliert werden können.

Das ist vielleicht eine banale Feststellung, diese Voraussetzung wird aber seltsamerweise von fast allen Aufbauspielen ignoriert, was vielleicht daran liegt, daß diese Spiele versuchen, zu große Systeme zu beschreiben (Civilization, Simcity4,usw.), was Abstraktion erzwingt und damit im Grunde jeden Ansatz eines aussagefähigen Systems und damit auch interessantes Gameplay verhindert.
So traurig das ist, bisher hat fast nur ein einziges Aufbauspiel diesen richtigen Ansatz selbstständiger Einheiten, die ausreichend durch Eigenschaften definiert sind: Tropico1 (evtl. noch Spacecolony)
Da die Zahl selbstständiger, berechenbarer Einheiten begrenzt ist durch die Hardware, vermutlich so auf ca. 400 bis 1000 Einheiten, läßt sich damit aber wahrscheinlich keine große Stadt simulieren.
Ich bin da mal auf eine Website von Microsoft mit Programmierkurs gestoßen, die diese Grundidee in ähnlicher Weise verfolgt:
http://www.windowsforms.net/Applications/application.aspx?PageID=30&tabindex=8
Dort geht es darum, Kreaturen/Pflanzen mit unterschiedlichen Eigenschaften zu programmieren, die dann in ein Terrarium gesetzt werden können und in diesem "Ökosystem" reagieren, indem sie sich z.B. gegenseitig auffressen. :-)

tobing
04.11.2005, 16:00
Das ist natürlich prinzipiell richtig, was Du schreibst. Allerdings kann auch eine abstraktere Simulation Sinn machen, wenn die Abstraktion korrekt ist, d.h. wenn gewisse Variablen das Verhalten einer bestimmten Anzahl von 'Sims' richtig beschreiben. Ob das bei SimCity stimmt weiss ich nicht, aber es ist mit Sicherheit gut gelungen bei dem Spiel 'Capitalism' in allen seinen Varianten. Die dort eingesetzte Simulation ist so überzeugend, dass das Spiel seinerzeit an einigen Wirtschaftshochschulen in den USA eingesetzt wurde. Davon abgesehen hat das Spiel den Charme eines Excel-Sheets...

Weil es für eine gute und richtige Abstraktion aber eine Mindestmenge an Mathematik braucht, sind die meisten Spiele in dieser Richtung nicht stimmig, da gebe ich Dir recht. Einer der Auswüchse dieses Mangels ist die verbreitete Verwendung des Stein-Schere-Papier Prinzips bei Strategiespielen. Klar, neuerdings versuchen sie, mit gewissen Schandes- oder Stärkewerten auszukommen, aber ob das funktioniert? Bin mal gespannt, Total Commander zum Beispiel wird das so machen, und teilweise wohl auch Civilization 4.

Neben Tropico ist natürlich auch CotN ein Beispiel für ein solcherart detailliertes Spiel!

Bei allen diesen Überlegungen ist für mich aber die wichtigste Frage, wie weit denn die Simulation überhaupt gehen soll, und was die Rolle des Spielers noch ist, wenn die 'Sims' hinreichend intelligent sind. Siehe CotN, als eher abschreckendes Beispiel.

Schicker Link auf die MS-Geschichte, gibt es dazu auch den Quelltext?

Realo
04.11.2005, 17:42
Meiner Meinung nach muß es in Städtebausimulationen (oder sollte man lieber von Dorfplanung oder überschaubarem Inselstaat sprechen?) vorallem um Wirtschaft gehen, als wichtigster Bereich, indem sich menschliches Handeln manifestiert und von dem alle anderen Bereiche beeinflußt werden.
Eine interessante Website mit einer praxeologischen Herangehensweise (also eher ideologiefrei) ist www.mises.org
(siehe zum Beispiel "Human Action" oder http://www.mises.org/money.asp
Die Texte geben ungefähr eine theoretische Vorstellung davon, wie ein Markt ohne staatliche Einmischung funktionieren könnte und liefert auch mathematische Formeln.
Der freie Markt ist jedoch teilweise schon ziemlich dumm und ausbeuterisch, und da kommt dann der Spieler und seine Ideologie zum Einsatz ;-)
Man muß ja nur mal schauen, wie es in der aktuellen Welt zugeht, da gibt es schon noch genügend Handlungsbedarf.
Einige Probleme wie z.B. Inflation wurden ja schon im Thread "woher kommt das Geld?" erwähnt.
Die ganzen wirtschaftlichen Phänomene werden viel leichter lösbar, wenn man sich an der Realität orientiert und ein System von "unten her" richtig programmiert und dazu gehört es nunmal, daß man einzelne, selbstständige Einheiten (Sims) mit individuellen Eigenschaften, Einkommen, Fähigkeiten und darausfolgenden Aktionen wie konkreten (!) Konsum, produktive Tätigkeiten, Führungspositionen usw. schafft. Dazu gehören natürlich auch noch viele andere Eigenschaften, wie verschiedene Lebensstadien (Kind, Erwachsener, Rentner) und Interessen, ich werde das jetzt hier nicht alles ausführen.
Ein Tropicaner hat, wenn ich mich richtig erinnere, um die 60 Eigenschaften, aber das ist noch ausbaufähig.

Ob es einen Opensourcecode von Terranium gibt, kann ich nicht sagen, ich bin eh kein Programmierer und habe mich nur mal flüchtig damit beschäftigt und fand die Idee und Analogie interessant, aber es gibt Dokus und Codebeispiele zu den Kreaturen.

Realo
06.11.2005, 11:31
Bei allen diesen Überlegungen ist für mich aber die wichtigste Frage, wie weit denn die Simulation überhaupt gehen soll, und was die Rolle des Spielers noch ist, wenn die 'Sims' hinreichend intelligent sind. Siehe CotN, als eher abschreckendes Beispiel.
Wie weit sich "Sims" als selbständig handelnde Einheiten programmieren lassen, davon kann man ja in Sims2 eine Vorstellung bekommen. Wobei die Intelligenz der Sims in diesem Spiel auf krasse Weise heruntergesetzt wurde, damit der Spieler noch etwas zu tun hat. Das geht dann soweit, daß man den Sims erlauben muß, aufs Kloo zu gehen, weil sie selber dazu nicht in der Lage sind. http://www.heise.de/tp/r4/html/result.xhtml?url=/tp/r4/artikel/19/19390/1.html&words=SIMS
Das ist aber ein Problem, daß sich in einer Aufbau-/Systemsimulation viel weniger stellt, als in einer reinen Lebens-/Alltagssimulation. Da solche Spiele wie Sims2 und Simcity4 bei Maxis unter einem Dach sind, verstehe ich nicht, wieso man beides nicht mal miteinander kombiniert und stattdessen ein "intelligentes" Spiel schafft.
Was CotN angeht, ließen sich einige Fehler vermeiden, wenn man sich von vorneherein über einige Punkte im klaren gewesen wäre:
Historische Simulation erfordern einen hohen Recherchenaufwand. Insbesondere was das alte Ägypten angeht, gibt es kaum brauchbare, nützliche Informationen über diese Zeit.
Das legt schon mal die Überlegung nahe, daß es viel sinnvoller ist, ein Szenario aus aktueller Zeit zu wählen.
Wenn man die Demotutorials durchgespielt hat, wird dem Spieler eigentlich schon klar, daß man es mit einem recht stabilen System zu tun hat. Der "Lebensraum" setzt keine ausreichenden Grenzen bzw. es gibt keine "Flipside" oder Konfliktpotential. Es geht nur noch darum, das System zu erweitern, um religiöse Monumente zu bauen.
Religion in Computerspielen ist generell problematisch und auch völlig uninteressant, wenn es sich um uralte Religionen handelt, zu denen heute kein Mensch mehr eine Beziehung hat.

tobing
06.11.2005, 15:28
Sowas wie Sims und SimCity zu verheiraten würde ja bedeuten, Tausende von halbwegs intelligenten Sims in einer Stadt zu haben, die der PC ja auch jeweils berechnen muss. Schon bei CotN kann man sehen, dass das enorme Rechenleistung erfordert, von daher glaube ich nicht, dass dieser Ansatz (zur Zeit) praktikabel ist. Vermutlich denkt man sich das bei Maxis auch.

Die viel interessantere Frage aus meiner Sicht ist aber, ob so ein Spiel mehr Spass macht als eines, bei dem man weniger genau in die Details einer Simulation geht, sondern einen etwas abstrakteren Ansatz wählt, der dann auch umsetzbar ist, was die erforderliche PC-Rechenleistung angeht. Generell glaube ich nicht, dass mehr simulierte Eigenschaften (oder überhaupt mehr von etwas) automatisch mehr Spass beim spielen bedeutet. Manchmal mag das zutreffen, aber eben nicht automatisch und immer!

Zum alten Ägypten ist zu sagen, dass man durchaus viel darüber weiss, wie sie gelebt haben, wie die Gegend und die Verhältnisse damals waren. Die Leute von TM haben auch gut recherchiert. Vorteil einer Simulation im alten Ägypten ist das einfache Wirtschaftssystem: Je jünger die simulierte Kultur, desto komplizierter das Wirtschaftssystem! Ich mag gar nicht daran denken, eine Simulation einer modernen Wirtschaft zu programmieren, das ist viel zu kompliziert (wenn man es richtig machen will, also mit vielen vielen intelligent handelnden Individuen). Oder man begibt sich wieder auf eine passende Abstraktionebene, bei der eben keine einzelnen Sims mehr da sind. Dann kann man sich an Spielen wie Capitalism (1+2) oder Industrie Gigant (1+2) orientieren.

Zu CotN noch eines: Ich finde auch, dass das System zu stabil ist. Während der Beta habe ich dazu mal was gepostet, aber keinerlei Antwort dazu erhalten...

Warum Religion in Computerspielen uninteressant sein soll kann ich überhaupt nicht nachvollziehen, und auch nicht, warum speziell die alten Religionen uninteressant sein sollen. Aber darauf möchte ich gar nicht im Detail eingehen, ausser einem Hinweis: Es ist wohl anerkannt, dass der Echnaton-Kult, der einen einzigen Gott propagierte, und der Osiris-Kult mit seinen Vorstellungen von Tod und Auferstehung als Vorläufer und Basis der heutigen christlichen Vorstellungen zu gelten haben. Folgt man Christian Jacq, so haben die alten Ägypter auch erfunden, was wir heute als Humanismus kennen. Das zur Relevanz in heutiger Zeit: Viele unserer rhilosophischen und religiösen Wurzeln liegen im alten Ägypten.

Zum Schluss noch der Hinweis auf das soeben erschienene Civilization 4, das als herausragende spielerische Neuerung Religionen ins Spielgeschehen einführt...

Realo
06.11.2005, 17:04
Vorteil einer Simulation im alten Ägypten ist das einfache Wirtschaftssystem: Je jünger die simulierte Kultur, desto komplizierter das Wirtschaftssystem!
Kann man nicht so direkt sagen. Als konkretes, bereits umgesetztes Gegenbeispiel kann man schon Tropico anführen, das aber die Gesetze eines Marktes teilweise verwässert, weil es sich um ein "kommunistisches" System handelt, in dem Nahrung, Bildung und Gesundheitswesen kostenlos sind.
Der überwiegende Teil der Menschen weltweit lebt immer noch in einfachen Verhältnissen. Die Problematik von Entwicklungsländern ließe sich z.B. schon umsetzen.
Auf der einen Seite gibt es dort teilweise extrem wertvolle Rohstoffe, auf der anderen Seite sind dem System Grenzen gesetzt durch Ausbeutung der Natur, Wasserknappheit usw.
Es gibt z.B. ein Spiel "Food Force", daß sich zumindest schon mal mit der Problematik beschäftigt und von der Medien weitgehend unbemerkt schon millionenfach verbreitet hat. http://www.gamasutra.com/features/20051104/demaria_01.shtml
Das Spiel ist aber kein Aufbauspiel, wahrscheinlich nicht sonderlich gut und mit Nahrungshilfen allein läßt sich die Problematik auf Dauer auch nicht befriedigend lösen.
Die Gefahr, daß ein solches Thema zu ernst für ein "unterhaltsames" Spiel ist, ist gegeben, aber nicht zwingend. Man könnte ein Spiel an einem Fantasieort irgendwo in der Mitte zwischen Ernst und Unterhaltung ansiedeln.
Man könnte ein Spiel wie Simcity4 auch auf einen kleinen Stadtteil reduzieren (Pariser Vororte).
Das Spielekonzept von Civilization ließe sich auf einen kleinen Inselstaat reduzieren (wenn man die technischen, militärischen Errungenschaften der Neuzeit wegläßt). Dann könnte sich das Spiel auch mal mit der Gradwanderung von Barbarei und Zivilisation beschäftigen, und nicht nur in erster Linie mit Krieg. Auf der jetzigen abstrakten Ebene ist der Spieler vom Aufbauteil her darauf reduziert, einfach nur Gebäudeketten abzuarbeiten. Regierungsformen werden einfach beliebig ausgetauscht, ebenso Religionen, weil unter der Oberfläche von Civ kein Modell aus selbstständigen Sims arbeitet, das irgendwie auf Entscheidungen des Spielers reagiert.
Inwieweit sich das Wirtschaftssystem und die Verhältnisse im alten Ägypten wirklich nachvollziehen lassen, ist ein schwierige Frage. Ich hab erst kürzlich mal einen Beitrag im Fernsehen gesehen, wo große, tonnenschwere Säulen in einem nachempfundenen Experiment mit Hilfe von großen Drachen/Segeln und den enormen Windkräften, die dort herrschen, von wenigen Menschen aufgerichtet wurden. Genauso lassen sich auch große Felsblöcke fortbewegen.
So wie das Wirtschaftssystem auf Nahrung ausgelegt ist, tun sich auch Fragen auf (siehe heutige Hungerproblematik). Warum soll es in Ägypten kein Geld oder zumindest andere Zahlungsmittel als Nahrung gegeben haben? Ein Überfluß an Nahrung als Zahlungmittel ist nicht realistisch.

tobing
06.11.2005, 18:07
@Realo: Mal eine andere Frage, ganz konkret: Es ist zwar interessant, über diese Dinge zu reden, aber ich würde gern wissen, inwieweit Du Dich dafür interessieren würdest, ein Spiel mal ziemlich konkret zu designen. Also ein Wirtschaftsmodell nicht nur mit Blabla, sondern mit ganz handfesten Modellierungen zu entwerfen. In dem Fall könntest Du einfach mal einen Anfang machen, ein noch relativ einfaches System (meinetwegen mit individuellen Sims) zu entwerfen. Ohne Dir damit zu nahe treten zu wollen, zum einfachen Diskutieren und Spekulieren über dies und das hab ich nicht so die Zeit...


Warum soll es in Ägypten kein Geld oder zumindest andere Zahlungsmittel als Nahrung gegeben haben? Ein Überfluß an Nahrung als Zahlungmittel ist nicht realistisch.

Vielleicht weil man keine Münzen oder sowas gefunden hat? Oder die Ägypter kein Wort für Geld hatten? Oder weil die Abrechnungen, die man auf Papyrii gefunden hat, in Korn erfolgten? Und einen Überfluss an Nahrungsmitteln hatten die Ägypter sehr wohl, zumindest wenn die Überschwemmung mindestens normal gut war!

Realo
06.11.2005, 23:01
@Realo: Mal eine andere Frage, ganz konkret: Es ist zwar interessant, über diese Dinge zu reden, aber ich würde gern wissen, inwieweit Du Dich dafür interessieren würdest, ein Spiel mal ziemlich konkret zu designen. Also ein Wirtschaftsmodell nicht nur mit Blabla, sondern mit ganz handfesten Modellierungen zu entwerfen. In dem Fall könntest Du einfach mal einen Anfang machen, ein noch relativ einfaches System (meinetwegen mit individuellen Sims) zu entwerfen. Ohne Dir damit zu nahe treten zu wollen, zum einfachen Diskutieren und Spekulieren über dies und das hab ich nicht so die Zeit...

Kann ich natürlich verstehen. Da dies eigentlich ein öffentliches Forum ist(?), wäre natürlich nichts dagegen einzuwenden, wenn auch andere mal was dazu sagen würden.
Dieses Forum habe ich jedenfalls als eine der wenigen deutschsprachigen Anlaufstellen mal entdeckt für Leute, die über mögliche, zukünftige Aufbauspiele diskutieren wollen. Wo sollte man sowas sonst noch können?
Wie vielleicht zu erkennen ist, hat mich Tropico als Basis schon mal recht beeindruckt und ich habe halt darüber nachgedacht, welche Änderungen man an dem Spiel machen könnte in Bezug auf Wirtschaft (freie Marktwirtschaft statt Kommunismus), welche Ausbaumöglichkeiten es gäbe mit einem anderem Setting wie z.B. in einem afrikanischem Entwicklungsland, dazu ist mir schon einiges eingefallen, aber kein komplett durchdachtes Design.
Außerdem, was handfeste Modellierungen angeht, ich bin kein Programmierer und kein Mathematiker und somit eigentlich wertlos. :-)
Man kann aber auf verschiedenen Websites recherchieren und da in verschiedener Hinsicht fündig werden. Zum Beispiel, wenn es um die Variablen geht, mit denen sich in einer Simulation spielen ließe. Die angebotenen Informationen auf manchen Websites sind schon beeindruckend, das ist eben der Unterschied, wenn man sich mit der aktuellen Zeit beschäftigt statt mit historischen Szenarios wie Ägypten, die so lange Zeit zurückliegen.
Wenn man das alles mit Worten beschreiben und als Gamedesign zusammenfassen will, was man da nach und nach an Erkenntnis gewinnt, wird das aber ein langer Roman ... :-)

tobing
07.11.2005, 10:46
Klar ist das ein öffentliches Forum. Nur gibt es wohl nicht so sehr viele Leute hier, die sich wirklich ganz konkret dafür interessieren, ein neues Spiel selbst zu bauen. Ist ja auch alles nicht ganz einfach.

Wenn Du interessante Links hast, bitte ich Dich, sie hier zu posten. Dann könnte zumindest ich auch mal nachschauen, was es dort für Material gibt.

Langer Roman klingt gut. Ein ausführliches Design eines Spiels, mit detaillierter Beschreibung des Wirtschaftsmodells, darf ruhig lang sein: Immerhin gibt es viele Details, die genau geklärt sein wollen. Wenn Du auch weder Programmierer noch Mathematiker bist, so kannst Du dennoch versuchen, Deine Ideen, oder was Du aus den diversen Quellen bisher gelernt hast, in irgendeiner Form aufzuschreiben. Dann könnte nämlich jemand (wie ich zB), der sich für Spieleprogrammierung interessiert, das aufgreifen und vielleicht zumindest in Teilen umsetzen.

Tropico ist schon sehr interessant, ich finde das ist auch ein sehr schönes Spiel. Viele der Parameter schaue ich mir allerdings gar nicht so genau an, und es funktioniert auch. Könnte ein Hinweis darauf sein, dass dort bereits zu viele Parameter eingebaut sind? Oder dass einige dieser Parameter gar nicht so sehr zum Spiel beitragen, zumindest nicht so, dass man sich darum kümmern müsste.

Manni
07.11.2005, 13:12
Vielleicht weil man keine Münzen oder sowas gefunden hat? Oder die Ägypter kein Wort für Geld hatten? Oder weil die Abrechnungen, die man auf Papyrii gefunden hat, in Korn erfolgten? Und einen Überfluss an Nahrungsmitteln hatten die Ägypter sehr wohl, zumindest wenn die Überschwemmung mindestens normal gut war!

Wegen "Geld" habe ich das bei: http://www.mein-altaegypten.de/start.html
gefunden:

(Auszug) Geld:
Es gab keine Münzen als Kaufmittel. Als Maßstab für den Vergleich des Wertes verschiedener Waren diente eine bestimmte Menge von Kupfer, das "Deben"; erst ab dem Neuen Reich. Nachdem man sich über den Wert geeinigt hatte, wurde die Ware gegen die andere getauscht. Erst die Griechen führten dann das richtige Geld (als Münzen) in Ägypten ein.

Realo
09.11.2005, 11:35
Langer Roman klingt gut. Ein ausführliches Design eines Spiels, mit detaillierter Beschreibung des Wirtschaftsmodells, darf ruhig lang sein: Immerhin gibt es viele Details, die genau geklärt sein wollen. Wenn Du auch weder Programmierer noch Mathematiker bist, so kannst Du dennoch versuchen, Deine Ideen, oder was Du aus den diversen Quellen bisher gelernt hast, in irgendeiner Form aufzuschreiben. Dann könnte nämlich jemand (wie ich zB), der sich für Spieleprogrammierung interessiert, das aufgreifen und vielleicht zumindest in Teilen umsetzen.

Tropico ist schon sehr interessant, ich finde das ist auch ein sehr schönes Spiel. Viele der Parameter schaue ich mir allerdings gar nicht so genau an, und es funktioniert auch. Könnte ein Hinweis darauf sein, dass dort bereits zu viele Parameter eingebaut sind? Oder dass einige dieser Parameter gar nicht so sehr zum Spiel beitragen, zumindest nicht so, dass man sich darum kümmern müsste.
Mir ging es eigentlich nur um ein paar grundsätzliche Überlegungen, nicht darum, ein komplettes, fertiges Gamedesign vorzulegen, das überlasse ich lieber den Profis. ;-)
Eine Frage, die ich mir als Laie stelle, ist: Warum gibt es so wenig gute Aufbauspiele, liegt es daran, daß nur eine winzige Minderheit der Programmierer weltweit ausreichend dazu qualifiziert ist oder an grundsätzlichen Überlegungen/mangelndem Interesse bzw. am schnöden Geld?

Die Stärke von Tropico liegt meiner Meinung nach gerade darin, daß die virtuelle Welt recht umfassend dargestellt wird, von der Eigenschaften der Sims bis zum Wettermodell.
Parameter, auf die man verzichten könnte, sehe ich daher weniger, sondern eher noch vorhandene Lücken und Ausbaumöglichkeiten.

tobing
09.11.2005, 12:36
Mir ging es eigentlich nur um ein paar grundsätzliche Überlegungen, nicht darum, ein komplettes, fertiges Gamedesign vorzulegen, das überlasse ich lieber den Profis. ;-)

Schade. Sowas ist nämlich ziemlich viel Arbeit, und es hilft ungemein, wenn man möglichst viel davon schon erledigt hat, bevor man mit der Programmiererei anfängt.

Eine Frage, die ich mir als Laie stelle, ist: Warum gibt es so wenig gute Aufbauspiele, liegt es daran, daß nur eine winzige Minderheit der Programmierer weltweit ausreichend dazu qualifiziert ist oder an grundsätzlichen Überlegungen/mangelndem Interesse bzw. am schnöden Geld?

Gute Frage, wüsste ich auch gern. Vermutlich ist es am Ende wirklich das Geld: Bevor man so ein Spiel (kommerziell) anfängt, will man ja wissen, ob sich die Sache rentiert. Also schaut man, wieviele Exemplare man davon wohl wird verkaufen können. Und da ist es wohl leider so, dass Aufbauspiele mit ihrer deutlich höheren Komplexität im Vergleich zu Strategie- und Actionspielen einfach weniger oft gekauft werden. Also kann man da nicht so viel Gewinn machen, und damit hat man auch gleich schon eine gute Erklärung.

Oder noch anders: In aller Welt sind Aufbauspiele, vor allem wenn sie aus Deutschland kommen, wegen ihrer Komplexität berüchtigt. Viel zu kompliziert, sagen die Amis, und macht keinen Spass. Wie heisst das Zauberwort: Instant Gratification. Sofortige Befriedigung. Wenn es also nicht gleich sichtbar zur Sache geht, ist das Spiel für einen Ami bereits erledigt. Das ist der Grund warum auch aktuelle Aufbauspiele entweder floppen oder so sehr vereinfacht sind, dass man von zünftigem Aufbau gar nicht mehr reden mag.

Ich bin mässig gespannt, wie Caesar 4 werden wird. Mässig deswegen, weil ich ehrlich gesagt nicht allzu viel erwarten mag, nicht weil TM es nicht besser könnte, sondern weil das Spiel eben auch für den amerikanischen Markt gemacht wird (s.o.). Andere Aufbauspielkandidaten sehe ich eigentlich nicht, vielleicht in manchen Spielen zusammen mit anderen Spielelementen, etwa in Black & White oder Spore. Muss man aber abwarten, von B&W hätte ich mir auch mehr erwartet als die Reviews berichten.

Damit bleibt im Grunde nur: Selber machen...

koppi
09.11.2005, 23:00
Wie heisst das Zauberwort: Instant Gratification. Sofortige Befriedigung.

Traurig aber wahr und ich glaube nicht das dies auf die Amis beschränkt ist.

tobing
10.11.2005, 08:00
Stimmt natürlich, ich hatte die Amis als leuchtendes Beispiel genommen. Dasselbe Phänomen gibt es aber nahezu überall, und immer mehr auch hier bei uns... :crying: :verysad:

tobing
10.11.2005, 10:19
Aber jammern hilft ja nicht. Wie ich schon sagte: Selber machen.

Also mal eine Frage, ganz unverbindlich: Ich möchte irgendwann demnächst wieder anfangen mit selbermachen, also programmieren etc. Frage an Euch alle hier: Wer hätte Lust, gelegentlich an bestimmten Stellen mitzuhelfen? Es gibt viel zu tun, wenn man ein Spiel selber herstellen will.

Zunächst mal muss man sich relativ genau überlegen, was alles im Spiel drin sein soll. Für die erste Station darf das nicht zu viel sein, sonst schafft man sich eine zu grosse erste Hürde. In dieser Richtung habe ich schon einiges gesammelt und teilweise zusammengeschrieben. Ideen gibt es ja viele, nicht nur in diesem Forum. :tup:

Die eigentliche Programmierarbeit will ich selber anfangen, es kann aber gut sein, dass es für später auch mal eine Programmieraufgabe zu verteilen gibt. Was ich mir allerdings vorstelle ist ein Skripting, mit dem auch Nichtprogrammierer in der Lage sein sollen, einen Beitrag zu leisten. Die Softwarearchitektur befindet sich allerdings noch im Entwurf, ich werde Euch auf dem Laufenden halten, wenn sich da etwas tut. :genau:

Ein guter Brocken sind die Grafiken. Das habe ich bei meinem ersten Projekt TNTrain gemerkt. Will man schöne isometrische Kacheln machen, dann hat man schon was zu tun. Einfach ist das jedenfalls nicht. Für ein Städtebauspiel würde ich allerdings lieber auf 3D setzen, denn ich habe den Eindruck, dass es nicht schwieriger ist, ein einfaches Modell mit simplen Texturen zu machen, als eine schicke Iso-Grafik. Muss man aber sehen, ich habe da noch nicht wirklich viel Erfahrung. Vor allem in diesem Bereich, also Grafiken bzw. 3D-Modelle, würde ich mir reges Interesse wünschen! :help:

Später ist dann die Erstellung von Karten und Szenarien gefragt. Ein Editor wird Bestandteil des Spiel sein, und ein Erweiterungsmanager auch, so wie ich mir das zur Zeit vorstelle. Im Grunde will ich die Sache von vornherein so aufziehen, dass das Spiel im Wesentlichen aus Erweiterungen besteht, deshalb. Hier sehe ich noch keinen aktuellen Bedarf, das wird aber ganz schnell kommen, sobald es eine erste lauffähige Version gibt.

Also, wie sieht's aus???

Realo
06.01.2006, 00:19
Ich bin da mal auf eine interessante Website gestoßen:
Agent-Based Computational Economics
Growing Economies from the Bottom Up

http://www.econ.iastate.edu/tesfatsi/ace.htm

Es geht grundsätzlich darum, daß man Sims als selbstständige Einheiten programmiert und ein System von unten her nachbildet, um zu Erkenntnissen zu gelangen.

In einem Projekt geht es sogar um ein microanalytisches Simulationsmodel der U.S. economy
Dazu benötigt man allerdings einen Intel Teraflop computer :-)
http://www.cs.sandia.gov/tech_reports/rjpryor/index.html

Realo
21.01.2006, 12:31
Ein Begriff, den ich in Zusammenhang mit Aufbauspielen mal erwähnen möchte, weil die zugrundeliegende Philosophie interessant ist und auch nicht nur auf eine besondere Art der ökologischen Landwirtschaft reduziert ist: Permakultur. Hier mal eine kurze Definition:
Permakultur wird definiert als die Planung, Entwicklung und Betreuung/Nutzung von dauerhaften, vernetzten und den jeweiligen Umweltbedingungen und Nutzern angepassten Systemen. Ziel ist es, positive Einflüsse fördernd statt negative bekämpfend, mit minimalem Aufwand einen optimalen Nutzen zu erzeugen.

"Zehn Goldene Regeln"
Die folgenden 10 Regeln können als Leitlinien für das Design nach Permakultur-Leitlinien dienen:
Alle Elemente eines Systems stehen miteinander in Wechselwirkung

Jedes Element erfüllt mehrere Funktionen

Jede wichtige Funktion wird von mehreren Elementen getragen

Effiziente Energienutzung in jeder Hinsicht

Nutzung natürlicher Ressourcen

Gewinnung und Speichern von erneuerbaren Energien, Schließen von Kreisläufen

Kleinmaßstäbige, intensiv genutzte Systeme

Nutzung und Mitgestaltung von Entwicklungen und Abläufen in der Natur

Vielfalt statt Einfalt

Randeffekte fördern und nutzen

Realo
24.01.2006, 12:58
Da bisherige Aufbauspiele bisher immer zentralistisch vom Spieler geplant waren, stellt sich die Frage, ob als nächste Evolutionsstufe in Bezug auf Aufbauspiele eine virtuell konstruierte Welt möglich ist, die auch ohne den Spieler funktionieren und sich entwickeln oder verändern kann?
Das weiter oben genannte Simulationsmodel der U.S. Economy "Aspen"
ist schonmal ein kapitalistisches, dezentralisiertes, selbstorganisierendes System.
(Aus einem alten (!) Zeitungsausschnitt von 1997: Aspen's make-believe world can have 10,000 households plus 1,500 factories, stores, banks, and government agencies--the economic ingredients of a city or country.)
So eine Simulation müßte immer in Echtzeit ohne jegliche Form der Zeitkompression funktionieren, der Spieler braucht also eine Beschleunigungstaste und eine Zeitmaschine.
Wie kann jetzt der Spieler auf das System Einfluß nehmen (aktive Gamemechanik)?
Da dies letztendlich vom konkret gewählten Szenario abhängt, hier mal eine allgemeine Antwort, die der Philosophie der Permakultur entnommen ist (http://www.cityfarmer.de/) :

Prinzipien
· Selbstorganisation
Natürliche Systeme organisieren sich selbst, d. h. Regelung und Steuerung erfolgen systemintern, als Reaktion auf Reize der Umwelt. Aufgrund der Netzwerkstruktur handelt es sich hierbei aber nicht um einfache Ursache-Wirkungs-Ketten, sondern um komplexe Abläufe, wodurch auch Entwicklungsprozesse und Anpassung ermöglicht werden. Selbstorganisation in der Planung hat nicht zum Ziel vorzeigbare, zu einem bestimmten Zeitpunkt fertige Endprodukte zu schaffen. Sie konzentriert sich vielmehr "auf die Unterstützung an neuralgischen Punkten, von wo aus Vorgänge, Handlungen in Gang gesetzt, vorangetrieben und selbst wieder unterstützt werden. Sie betreffen nicht nur die Realisierung von Umbau-Projekten, sondern gleichzeitig neue Verhaltensweisen, die neue Bewußtheiten mit sich bringen. Solche Knotenpunkte und ihre Verbindungen sind der Kern der anderen, prozeßorientierten Planung" (Schneider 1988).

· Vernetzung
Voraussetzung für die Selbstorganisation jedes Systems ist die Vernetzung der einzelnen Systembestandteile durch Stoff-, Energie- oder Informationsaustausch. Jedes Element muß so angeordnet werden, "that each serves the needs, and accepts the products, of other elements" (Mollison 1998). Aus der Vernetzung ergibt sich die wechselseitige Abhängigkeit aller Lebensprozesse.
Die Herstellung und Nutzung von Beziehungen zwischen den Systemkomponenten durch eine geschickte und optimierte Anordnung ist einer der wichtigsten Punkte der Permakultur.